Kolumne

Warum Kinderpatenschaften ein schwieriges Mittel im Fundraising bleiben

Kinderpatenschaften sind für Nonprofit-Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit ein beliebtes Fundraising-Instrument. In Deutschland geworbene Paten überweisen monatlich Beträge zwischen fünf und 30 Euro (teilweise auch mehr). Da Patenschaften in der Regel über mehrere Jahre bestehen, bedeuten diese für die Arbeit der Organisation eine weitgehend stabile Einnahmequelle, mit der Projekte vor Ort unterstützt werden.

Während einer Patenschaft besteht in der Regel ein Briefwechsel zwischen den Paten und dem Kind, so dass die Geldgeber über die Entwicklung des Kindes informiert sind. Das Fundraising für Hilfsprojekte erhalten auf diese Weise eine sehr persönliche Komponente.

Was an Kinderpatenschaften schwierig ist

Anders als bei ökologischen Tier- oder Baumpatenschaften steht bei humanitären Kinderpatenschaften ein Individuum im Zentrum der Fürsorge. Aus diesem Grund sollte die Fundraisingarbeit besonders hohen ethischen Maßstäben genügen. Der Rusty Radiator Award zeigt, wie notwendig es auch heute noch ist darauf hinzuweisen.

Kritisiert wird an Kinderpatenschaften häufig, dass die dargestellten Kinder für die Fundraisingarbeit instrumentalisiert werden:

  • Die Förderung des Individuums werde in der Informationsarbeit vorangestellt, während das Geld tatsächlich in Community-Projekte fließt. Patenkinder haben zweifelsohne eine direkten Nutzen von Projekten, die der ganzen Gemeinschaft dienen. Die Kommunikation verschweige den tatsächlichen Mitteleinsatz.
  • Im umgekehrten Fall, wenn das Geld tatsächlich dem Kind beziehungsweise der Familie zugute käme, würde man den Organisationen Ineffizienz oder das Schüren von Neid vorwerfen.

In beiden Fällen steht das Fundraising vor der Herausforderung ausreichend umfassend und wahrheitsgemäß zu informieren und zugleich wirksam Spenden zu generieren. Etwas, das anscheinend nicht immer gut funktioniert.

Mit Kinderpatenschaften kann das Spenderbedürfnis nach Wirksamkeit befriedigt werden, immerhin wird die Entwicklung des Kindes mit Briefen (und Fotos) begleitet. Zugleich wird damit allerdings auch ein parternalistisches Verhältnis aufgebaut: Die Hilfsempfänger stehen in einer emotionalen (und finanziellen) Abhängigkeit zu den vergleichsweise vermögenden Paten.

Persönliches Fazit

Ich habe Respekt vor Fundraiserinnen und Fundraiser, die sich mit diesem Fundraising-Instrument in ein höchst-emotionales Feld begeben und höchsten ethischen Anforderungen genügen müssen.

In meinen Augen haben Kinderpatenschaften jedoch einen faden Beigeschmack: Im Fokus des Fundraisings steht das Leid einer einzelnen Person. Beim Lesen mancher Geschichten und Briefe habe ich Zweifel an deren Authenzität. Für mich bleibt es eines der fragwürdigsten Fundraising-Instrumente.

Jörg Reschke
Author Jörg Reschke

Als Experte für Digitale Kommunikationsstrategien und Fundraising ist er bei der IT-Unternehmensberatung Capgemini als Business Analyst tätig und betreut im Schwerpunkt Nonprofit-Organisationen. Zuvor war er als Chief Marketing Officer bei Enscape (Real-Time Rendering und Virtual Reality für Architekten) bzw. als Chief goood Officer beim sozialen Mobilfunkanbieter goood tätig. Er gründete das Institut für Kommunikation in sozialen Medien und die Fachgruppe Digitales Fundraising im Deutschen Fundraising Verband.

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