Es ist der 25.04.2024. Gerade flatterte eine E-Mail in die Postfächer aller irgendwie im Online-Fundraising tätigen Menschen. Und an jene Menschen, die irgendwann mal etwas über Facebook oder Instagram gespendet haben. Während die meisten Menschen aus der zweiten Gruppe diese E-Mail vermutlich schnell wieder vergessen werden, wird die erste Gruppe entweder mit Schulterzucken, kritischer Aufmerksamkeit oder heller Panik reagieren.
von Jörg Reschke und Maik Meid
Was ist passiert?
Facebook ermöglichte es Organisationen, Spendenaufrufe zu starten und noch wichtiger: Es ermöglichte Nutzern selbst Spendenaktionen zugunsten gemeinnütziger Organisationen zu starten. Der Meta-Konzern teilte nun mit, dass die durchaus beliebten Spenden-Tools zum 01.07.2024 eingestellt werden.
Näher begründet wird dieser unerwartete Schritt nicht. Betrachtet man aber den Wortlaut, so könnte dies – rein spekulativ – mit europäischen Regularien zu tun haben und damit, dass Facebook hier keine Anpassungen vornehmen möchte. Oder aber schlicht damit, dass es für Meta viel zu teuer geworden ist? Spekulieren wollen und können wir aber nicht. Sondern wir wollen nach vorn schauen und sehen, was sich daraus nun ableiten lässt.
Was fehlen wird
In den letzten Jahren standen sicherlich die vielen Aktionen im Alltag von Online-Fundraising betreibenden Organisationen im Vordergrund. Menschen, die zu Geburtstagen oder ähnlich freudigen Angelegenheiten auf Geschenke verzichtet und stattdessen oder ergänzend um Spenden gebeten haben. Dies hatte für beide Seiten Vorteile. Und auch die kanalübergreifende Spendenoption für Instagram funktioniert zumindest. Ob sie wirklich Erträge brachte, dazu gibt es unterschiedliche Aussagen. Es gibt bei etlichen Organisationen nennenswerte Erträge, andere haben das Tool weniger in der Bewerbung beachtet und daher eher geringere Spendensummen erhalten.
Was nicht fehlen wird
Auch wenn es über die Jahre immer wieder Herausforderungen in Adressgewinnung und vor allem Abrechnung gab, so hat sich diese Art der Online-Spende für viele Organisationen etabliert und auch gelohnt. (Ehrlich gesagt wird es auch eine Menge Finanzabteilungen geben, die gerade durchatmen ;-), weil die Geldflüsse, Zuordnungen und Buchungen mindestens bei der Einrichtung ein Stück Arbeit waren. (Wenn auch nicht so intensiv wie bei Paypal.)
Ein Ende und drei Alternativen
Das Erfolgsmodell für digitales Peer-to-Peer-Fundraising wird damit zum 1. Juli 2024 in Deutschland enden. Wird es das wirklich? Nein. Nur weil der Meta-Konzern keine Nonprofit-Organisationen im Europäischen Wirtschaftsraum mehr unterstützt, ist das Peer-to-Peer-Fundraising keinesfalls am Ende.
Hier sind drei Alternativen, die nun für spendensammelnde Organisationen infrage kommen:
Alternative 1: Auf andere Anbieter ausweichen
Anlassspenden online abzuwickeln, das geht weiterhin mit den Tools zahlreicher Anbieter wie RaiseNow, Fundraisingbox und Twingle. Ebenso bieten relativ frisch auf dem deutschen Markt vertretene Anbieter wie iRaiser und FundraiseUp diese Funktionalitäten an. Der Vorteil dieser Anbieter liegt darin, dass deren Formulare einfach in die eigene Internetseite eingebunden werden. Somit landet der Traffic auf der eigenen Seite und kann die Donor Journey drumherum nahtlos gestaltet werden.
Und vielleicht macht Meta ja ernst und ermöglicht zumindest eine Integration der Spendenstände in Facebook und Instagram.
Alternative 2: Eigene Plattformen hosten
Think Big! ist das Motto einiger Organisationen, die ihre Plattformen für das Aktivisten-Fundraising selbst hosten. Der Aufwand hierfür ist natürlich um einiges größer, allerdings haben sie damit die vollständige Kontrolle über Daten, Design und Funktionalitäten. Ein herausragendes Beispiel auf dem deutschen Markt ist “Action Panda” des WWF. In wenigen Schritten kann man auf der Plattform eine eigene Spendenaktion starten. Anschließend verbreiten die Initiator:innen die Aktion über Facebook, E-Mail, WhatsApp & Co an ihre Freundes- und Bekanntenkreise. Komplett selbst gebaut sind derlei Plattformen nicht. Auch hier gibt es Agenturen, die ihre Modelle als White-Label bereitstellen.
Alternative 3: Spendenplattformen
In Sachen Spendenplattformen ist auf dem deutschen Markt betterplace.org der Platzhirsch. Tausende Organisationen haben hier Profile und Spendenprojekte angelegt. Und hier gibt es ebenfalls die Möglichkeit freizuschalten, dass Privatpersonen zugunsten einer registrierten Organisation eine Spendenaktion starten.
Ein offenes Wort
Ohne arrogant klingen zu wollen: Hier auf sozialmarketing.de befassen wir uns seit vielen Jahren mit Digitalem Fundraising. Worauf wir immer hingewiesen haben, ist die Tatsache, dass neue Tools toll sind, wenn sie für die jeweilige Organisation passen. Wir haben viele Tools kommen und gehen sehen. Und immer, wenn jemand “die Idee der Ideen” hatte, so haben wir uns dies zumindest angeschaut. Vieles hat sich nicht durchgesetzt.
Auch Tools die nicht eingestellt werden, verändern sich oft stark. Google Ad Grants beispielsweise existiert bereits sehr lange, wurde durch neue Regeln aber immer herausfordernder. Mal nebenbei lässt es sich kaum noch einzusetzen. Egal, welcher Plattform man vertraut: Probleme haben alle Organisationen, deren reine Online-Fundraising Strategie sich ausschließlich auf ein Tool konzentriert.
Um es ganz konkret zu sagen: Spätestens jetzt sollten Online-Fundraising betreibende Organisationen ihre Strategien auf weitere Abhängigkeiten überprüfen und Spender:innen-Gewinnung über nicht kontrollierbare Tools, auf die sie keinen Einfluss haben oder die nicht transparent sind, hinterfragen. Ja, für viele haben die Facebook-Tools eine Menge Ertrag gebracht. Die investierte Energie war allerdings ebenso in den meisten Fällen sehr hoch und immens. Spendenformulare können ausgetauscht werden. Der Content wird zu Hause ausgespielt, dort haben Organisationen volle Kontrolle. Transaktionen auf der Website gehören der Organisation, verbunden mit dem Vorteil der Adressgewinnung und im Idealfall auch dem eigenständig einholbaren Opt-In für die digitale Kommunikation.