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Der Optimierungs-Selbstmord im Fundraising

„Wir konnten den ROI unseres letzten Mailings auf 3,0 steigern.“ „Unser Verwaltungskostenanteil beträgt nur noch 5%.“ Solche Aussagen lösen Freude aus. Viele Organisationen orientieren sich an diesen beiden Kennzahlen, zeigen Sie doch, dass effizient und wirkungsvoll gearbeitet wird. Doch ist das wirklich so? Sind dies wirklich die wichtigsten Kennzahlen?

Die Antwort ist eindeutig nein. Die wichtigste Kennzahl ist die Nettospendensumme, also die Differenz zwischen dem was wir an Zuwendungen erhalten und dem was wir benötigen um diese Zuwendungen zu erhalten. Die Nettospendensumme ist quasi die Mutter aller Kennzahlen. Sie ist letztlich entscheidend. Alle anderen Kennzahlen sollen uns nur helfen zu erkennen, ob wir auf dem richtigen Weg sind, ob wir dabei sind diese eine Kennzahl zu optimieren. Die Nettospendensumme langfristig möglichst groß zu machen, muss unser Ziel sein. Schließlich sind wir nicht Fundraiser_innen um Spenden einzuwerben oder möglichst viele Spender zu haben. Wir sind Fundraisier_innen um die gute Sache zu fördern.

Weit verbreitet ist die Ansicht, man müsse nur ROI und Verwaltungskostenanteil optimieren und bekäme dadurch höhere Nettoergebnisse. Denn, so die Überlegung, je höher der ROI und je geringer der Verwaltungskostenanteil, desto höher die Nettospendensumme. Wer sich also an diesen Kennzahlen orientiert steigert damit auch das Netto. Leider stimmt das nicht. Im Gegenteil können wir aus drei Gründen damit großen Schaden anrichten.

1. Optimierungs-Selbstmord durch Effizienzsteigerung

Nehmen wir ein Mailing als Beispiel, dass an 10.000 Empfänger geht. Dieses Mailing hat einen ROI von 2. Die Einnahmen sind also doppelt so hoch wie die Ausgaben. Wir können das steigern, indem wir Spender nicht anschreiben, die etwas weniger spenden. Das spart Kosten und der ROI steigt dann auf 3. Das ist natürlich besser, und zwar erheblich besser, sind unsere Einnahmen jetzt doch dreimal so hoch wie unsere Ausgaben. Allerdings ist unsere Nettospendensumme nicht unbedingt höher. Das wäre sie nur dann, wenn die nicht angeschriebenen Spender weniger gespendet hätten, als das Anschreiben gekostet hat. Eine ROI-Steigerung von 2 auf 3 können Sie auch erreichen in dem Sie alle weglassen, die einen ROI von 1,1 – 1,5 haben. Das sind aber Spender, die mehr spenden, als die Briefe kosten. Diese Spender hätten also die Nettospendensumme gesteigert.

2. Optimierungs-Selbstmord durch Unterfinanzierung

ROI und Verwaltungskosten stellen Kosten und Einnahmen in ein direktes Verhältnis. Ein festes Kosten/Einnahmen-Verhältnis kann aber keine sinnvolle Kennzahl für die Arbeit von NGOs sein. Er schadet den Organisationen und der gute Sache, weil er NGOs dazu verleitet nicht genug zu investieren und daher nicht das für ihre Projekte ausgeben zu können, was sie eigentlich möglich wäre. NGOs beschränken sich selbst um einen guten Verwaltungskostenanteil zu haben. Das ist die große Ironie der Verwaltungskostendiskussion. Während sie vorgibt möglichst viel Geld würde in die Projekte gehen, verhindert sie genau das. Oder wie Ken Burnett es auf den Punkt gebracht hat: “Bei Kosten-/Einnahmen-Verhältnissen geht es darum wieviel Sie ausgeben, nicht wieviel sie erreichen.“

3. Optimierungs-Selbstmord durch kurzfristigen Erfolg.

Der einfachste Weg die Nettospendensumme zu optimieren ist weniger auszugeben. Weniger ausgeben bedeutet, sie lassen alles weg, was nicht unmittelbar Gewinn erzeugen. Viele NGOs reduzieren deswegen Ihre Neuspendergewinnung und die Reaktivierung ehemaliger Spender. Kurzfristig führt das zu einer höheren Nettospendensummen und es steht mehr Geld für die Projekte zur Verfügung. Langfristig kann das fatal sein, weil der Spenderbestand dadurch schrumpft und in der Folge auch die Spendeneinnahmen zurückgehen. Da dies erst Jahre später wirklich zu bemerken ist, entsteht eine sehr kritische Situation, weil dann auch keine Investitionsmittel mehr zur Verfügung stehen um den Spenderbestand wieder zu stabilisieren.
Die Orientierung an der Nettospendensumme als zentrale Kennzahl funktioniert deswegen nur, wenn sie langfristig angelegt ist. Kurzfristiger Erfolg ist fast immer langfristiger Selbstmord.

Fundraising Optimierung
Kurzfristiger Gewinn ist langfristiger Selbstmord im Fundraising. (Andreas Berg, CC-BY-SA 2.0)

Leider werden Fundraiser_innen von der Führung Ihrer NGO oder durch externe Einflüsse oft gedrängt zu kurzfristig zu agieren und sich an ROI und Verwaltungskostenanteilen zu orientieren. Es gibt aber auch positive Beispiele. Wie gehen Sie / gehst Du mit dem Problem um?

3 Comments

  1. Nico

    Wow, kurz.prägnant und so richtig!!
    Vielen Dank, Andreas!
    Top Beitrag, den wir gerne weiterleiten!

    Gruß aus München vom Altruja Team
    Nico

  2. Avatar

    Toller Beitrag und aussagekräftig!
    Ich würde ihn gerne auf LinkedIn posten, wenn der Autor es erlaubt?

    Danke & Gruß aus Berlin

    Anes. S

  3. Andreas Berg

    Hallo Anes,

    entschuldige die späte Antwort. Ich war im Urlaub. Natürlich kannst Du auf Linkedin posten.

    Gruß,

    Andreas

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