Aufgrund des steigenden Wettbewerbsdrucks bei stagnierendem Spendenmarkt besteht die Notwendigkeit einer weiteren Professionalisierung des Fundraising. Dies haben zahlreiche private Bildungsträger erkannt und entwickeln seit Jahren entsprechende Angebote der Aus- und Weiterbildung. Das Institut für Kommunikation in sozialen Medien hat im Juli eine erste Marktstudie “Fundraising lernen” veröffentlicht.
Die Marktstudie „Fundraising lernen!“ ist die erste Vollerfassung der Ausbildungsgänge im deutschsprachigen Raum. Die vergleichende Analyse stellt Inhalte und Rahmenbedingungen gegenüber. Sie dient damit Non-Profit-Organisationen und ihren MitarbeiterInnen als Information und Grundlage für die Entscheidungsfindung über die Teilnahme an entsprechenden Angeboten.
Umfang der Studie
Die in dieser Marktstudie erfassten Fundraising-Ausbildungen wurden nach einem vier Komponenten umfassenden Kriterienkatalog ausgewählt. Um in die Studie aufgenommen zu werden, mussten die Ausbildungsangebote
- im deutschsprachigen Raum liegen,
- einen Umfang von mindestens fünf Tagen aufweisen,
- die Methodik muss über reine Wissensvermittlung hinausgehen,
- und es werden Kontroll- oder Prüfungsinstanzen eingesetzt.
Insgesamt wurden in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Rahmen der Studie 23 Ausbildungsgänge näher untersucht. Aus der Analyse ergaben sich drei Cluster:
- Basisausbildungen umfassen die Vermittlung von Grundkenntnissen in der Konzeption und Umsetzung von Fundraising-Maßnahmen.
- Spezialisierungen setzen bereits Grundkenntnisse im Fundraising voraus und fokussieren in der Ausbildung auf einzelne Fundraising-Instrumente.
- Fundraisingnahe Ausbildungen sind jene Ausbildungen, in deren Curriculum Fundraising ein Nebenfach mit entsprechendem Zeitumfang darstellt.
Marktentwicklung
Als erste Institution entwickelte die Fundraising-Akademie im Jahr 2000 ein eigenes Angebot. Der Impuls zur Gründung des zweijährigen “Studiengang Fundraising” war das Bedürfnis nach einer Professionalisierung im Berufsfeld. Stagnierende Spendeneinnahmen und abnehmende Spenderzahlen deuteten auf einen strukturellen Wandel im Spendermarkt hin. Weitere Bildungsträger zogen in den Folgejahren nach.
Im Rahmen des Bologna-Prozesses zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulraums entstanden einige neue Studiengänge, die Fundraising- Module in ihr Curriculum aufnahmen. Dazu gehörten bereits 2004 die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft und 2005 die Westfälische Wilhelms-Universität Münster. Im Folgejahr dann zogen die FH Burgenland sowie die Hochschulen in Osnabrück und Heidelberg nach.
Die Bandbreite der Ausbildungs-Zielgruppen ist weit gefächert. Es gibt Angebote für Berufseinsteiger, für hauptamtliche Mitarbeiter und Führungskräfte in Nonprofit-Organisationen sowie für ehrenamtliche Kräfte und zur Umschulung. Der Fokus auf die bestehende Personalstruktur ist deutlich: Nur jeder zweite Ausbildungsgang ist für Berufsein- oder -umsteiger geeignet und lediglich vier Angebote richten sich auch an ehrenamtliche Fundraiser.
Entsprechend des Qualifizierungsbedarfs für die einzelnen Zielgruppen divergiert der Zeitverlauf der Ausbildungen. Die untersuchten Angebote weisen eine Spannbreite von 5 Tagen bis 24 Monaten auf. Der Durchschnitt liegt bei ca. 12 Monaten. Im Cluster der Basisausbildungen beträgt die durchschnittliche Dauer der Qualifizierungen knapp 10 Monate.
Fundraising-Ausbildungen im deutschsprachigen Raum sind in ihrer übergroßen Mehrzahl berufsbegleitend organisiert. Nur drei Bildungsträger bieten Kurse an, die nicht mit einem Beruf verbunden werden können. Dies sind die Masterstudiengänge in Berlin und Osnabrück sowie die Basisausbildung am Seminarzentrum Göttingen. Das erhärtet die Annahme, dass die untersuchten Ausbildungsangebote sich bis heute wesentlich auf die Qualifizierung bestehender Personalstrukturen in Nonprofit-Organisationen konzentrieren.
Bei den beruflichen und/oder akademischen Voraussetzungen ist eine klare Zweiteilung des Marktes festzustellen. Von den 23 Ausbildungsträgern setzen zwölf keine formalen Schranken für die Teilnahme, zwei Angebote können mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder dem (Fach-)Abitur absolviert werden, und neun fordern ein abgeschlossenes Hochschulstudium.
In der Regel schließen Fundraising-Ausbildungen mit einem Zertifikat des Bildungsträgers ab. Ausnahmen bilden hier die Fundraising-Akademie, welche die Titel Fundraising Manager und Regionalreferent Fundraising vergibt. Ebenso die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, an der ein Diplom in Fundraising Management erworben werden kann.
Perspektive
Die weiteste Verbreitung haben Präsenzseminare in Fundraising-Ausbildungen. In den vergangenen vier Jahren sind jedoch einzelne neue Ansätze hinzugekommen. 2008 etwa hat das Katholisch-Soziale Institut die erste und bis heute einzige Ausbildung auf Basis von eLearning geschaffen. Es ist damit zu rechnen, dass in den kommenden Jahren Ansätze aus Fernlehre und eLearning durch neue oder die Weiterentwicklung vorhandener Angebote an Bedeutung gewinnen werden.
Eine Panel-Befragung mit Absolventen der unterschiedlichen Fundraising-Ausbildungen ergab, dass die meisten Teilnehmer mit den Inhalten der Ausbildungen zufrieden sind und sie in der Praxis anwenden konnten. Lediglich in den Themenbereichen Face-to-Face-Fundraising und Online-Fundraising wünschen sie sich deutlichere Schwerpunkte.
Sollte der Wettbewerbsdruck auf dem Spendenmarkt weiterhin steigen, dann trifft dies inbesondere kleinere und mittlere Organisationen. Sie müssen sich in die Lage versetzen, den Finanzierungsbedarf professionell einzuholen und entsprechendes Personal zu schulen.
Die gesamte Marktstudie (60 Seiten) ist in gedruckter Form bei ePubli und als PDF im ikosom-Shop verfügbar.