Gute Praxis

Icebucket Challenge – ein Jahr danach

Es ist bald ein Jahr her, dass die sogenannte Icebucket Challenge international Furore machte. Abstand genug um die Ergebnisse zusammenfassend zu betrachten und einige Rückschlüsse zu ziehen.

Icebucket Challenge – was war das nochmal?

Bei der Icebucket Challenge haben die Teilnehmer 24 Stunden Zeit um sich einen Eimer Eiswasser über den Kopf zu schütten und/oder 100 Dollar für die ALS Association zu spenden. Das Ganze soll er Video aufgenommen und im Netz gepostet werden. Zum Mitmachen aufgerufen wird man nicht einfach so, sondern per Nominierung durch eine Person, die den Icebucket Challenge bereits absolviert hat. Drei Personen soll jeweils benannt werden. Gestartet wurde die Icebucket Challenge nicht von der Nonprofit-Organisation, die davon am meisten profitierte, sondern einer Privatperson. Konkret handelt es sich um Nancy Frate, deren Sohn an der seltenen Krankheit Amyotrophe Lateralsklerose leidet.

Warum Eiswasser? Ist das nur Spaß?

Die Verwendung von eiskaltem Wasser ist tatsächlich nicht nur eine spaßige Sommeridee, sondern hat einen inhaltlichen Hintergrund. Der kurze Moment der Schockstarre soll die Teilnehmer spüren lassen, wie sich von der Krankheit betroffene Personen fühlen.

Und was hat es gebracht?

Wenn die primären Ziele der Aktion Spenden und Aufmerksamkeit für die seltene Krankheit waren, dann handelt es sich um einen vollen Erfolg – wenn nicht den Fundraising-Erfolg des vergangenen Jahres. Über 2,9 Millionen Videos wurden auf YouTube zum Icebucket Challenge hochgeladen. Auf Facebook wurden viele weitere Videos hochgeladen und mit dem Hashtag über 28 Millionen Konversationen gestartet. Die ALS Association konnte mehr als drei Millionen neue Spender und Rekordeinnahmen in höhe von 220 Millionen Euro verbuchen.

Rekordeinnahmen in Höhe von 220 Millionen Euro für die ALS Association
Rekordeinnahmen in Höhe von 220 Millionen Euro für die ALS Association

Die Analysen der Suchmaschine Google ergaben, dass Icebucket Challenge der am 6.-häufigsten genutzte Suchbegriff im Jahr 2014 war. Der sogenannte virale Effekt hat voll zugeschlagen – die Spendenaktion hat es geschafft ausgehend von den USA eine weltweite Verbreitung zu finden. Nutznießer der Spendenaktion gibt es auch in Deutschland. So verkündete die Charité Berlin, die ALS Ambulanz betreibt, dass sie über 35.000 neue Spender gewannen. Die Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e.V. führt Spenden in Höhe von über 1,2 Millionen Euro auf den Icebucket Challenge zurück.

Warum hat es funktioniert?

Ein solcher viraler Erfolg im Netz lässt sich nicht auf einen einzigen Erfolgsfaktor zurückführen. Es gibt einige Faktoren, die zusammen gute Rahmenbedingungen schafften:

  • Ein kurzes Zeitfenster (24) zur Reaktion sorgt für Dynamik und zeitlichen Druck
  • Alles Notwendige zum Mitmachen hat jeder zuhause: Ein Eimer, Wasser und Eis sowie ein Handy zum Aufnehmen des Videos.
  • Im Sommer sind viele Menschen zeitlich flexibler aufgrund von Ferien und Urlaub. Im Hochsommer wird ein Eimer kaltes Wasser mitunter eher als Erfrischung denn als Übel wahrgenommen.
  • Die soziale Interaktion steht im Vordergrund – man wird öffentlich nominiert und nominiert wiederum weitere Personen.

Aber hat es wirklich funktioniert?

Amerikanische Datenanalysten von RJMetrics untersuchten im Septemer 2014 eine Stichprobe von 2500 Videos zum Icebucket Challenge. Sie fanden heraus, dass 70% der Teilnehmer männlich waren. Ein Viertel von ihnen erwähnte im Video nicht die ALS-Krankheit, um die es eigentlich gehen sollte, und nur jeder fünfte Teilnehmer erwähnte eine Spende, die sie tätigen. Die wahre Herausforderung liegt in diesem Jahr bei der ALS Association und den anderen Organisationen, die als Nutznießer von der Spendenaktion profitieren konnten. Sie müssen Informations- und Spendenangebote schaffen um die Erstspender des vergangenen Jahres zu einer zweiten Spende zu bewegen oder zum Dauerspender zu machen.

Was können wir daraus lernen?!

Der Icebucket Challenge gibt allen Beteiligten die Möglichkeit zur Selbstdarstellung. Ob mit dem Handy in der Badewanne, einer selbst konstruierten Wasser-Konstruktion, im Whisky oder mit dem Hubschrauber – jeder macht es so, wie er es für passend hält.

Das Nominierungs-Prinzip bildet die Grundlage für die öffentliche soziale Interaktion. Man wird nominiert, nominiert andere oder freut sich, dass der Eimer an einem vorbeigegangen ist. Das DZI gab zu bedenken, dass damit auch sozialer Druck auf die Spender ausgeübt wird.

Relativ früh beteiligten sich Prominente als Multiplikatoren der guten Sache. Die Möglichkeit der Selbstdarstellung wurde von ihnen gerne genutzt und weitere Prominente öffentlichkeitswirksam nominiert.

Die ALS Association hat interessanterweise weder zu Beginn noch während der Hochphase der Spendenaktion aktiv zur Beteiligung aufgerufen. Sie haben Grassroot-Kampagne den Aktivisten überlassen und selbst nur Informationen auf ihrer Internetseite bereitgestellt. Sie haben sich die Spendenaktion nicht zu eigen gemacht.

Und letztlich braucht es Glück. Die weltweite Verbreitung hatten die Initiatoren sicherlich weder erwartet noch geplant. Viraltät lässt sich nicht konstruieren – sie kann einfach passieren.

Click on the button to load the content from de.slideshare.net.

Load content

Jörg Reschke
Author Jörg Reschke

Als Experte für Digitale Kommunikationsstrategien und Fundraising ist er bei der IT-Unternehmensberatung Capgemini als Business Analyst tätig und betreut im Schwerpunkt Nonprofit-Organisationen. Zuvor war er als Chief Marketing Officer bei Enscape (Real-Time Rendering und Virtual Reality für Architekten) bzw. als Chief goood Officer beim sozialen Mobilfunkanbieter goood tätig. Er gründete das Institut für Kommunikation in sozialen Medien und die Fachgruppe Digitales Fundraising im Deutschen Fundraising Verband.

Write A Comment

*