Kolumne

Kolumne: Ein Relaunch ist immer ein Fehler

Ich gebe zu, ich hab schon den ein oder anderen Relaunch gemacht. Für mich selber oder als externe Begleitung für gemeinnützige Organisationen. Ich verdiene also zum Teil mein Geld damit. Dennoch, ein Relaunch ist immer ein Fehler!

Symbolbild für Streit

Ein vollständiger Relaunch einer Website beinhaltet in der Regel eine graphische Neugestaltung, eine Änderung/Update des Content-Management-Systems (der Software hinter der Website) und der Informationsarchitektur also der Inhalte und ihrer Struktur. Dies alles auf einmal zu ändern ist ein Eingeständnis, dass man eine Weile lang zu wenig an seiner Website gearbeitet hat.

All dies kann auch in kleinen Schritten kontinuierlich verbessert werden. Die Website ist kein Buch, bei dem alle alten Exemplare verkauft werden müssen bevor es neu aufgelegt werden kann. Die Organisation macht tagtäglich positive und negative Erfahrungen mit ihrer Website und kann daran direkt etwas ändern. Stößt das Content-Management-System an Grenzen braucht es Erweiterungen, Plugins oder einen Wechsel, stimmt das Layout nicht mehr mit dem Bild überein, dass eine Organisation von sich hat, lässt es sich schrittweise ändern und Inhalte lassen sich Bereich für Bereich, Seite für Seite anpassen.

Aus Sicht der Organisation ist es aber oft leichter den großen Wurf zu machen, als die Website kontinuierlich zu entwickeln. Hier kann für besondere Maßnahmen Budget eingeplant, eine Agentur beauftragt und Mitarbeiter freigestellt werden. In einem begrenzten Zeitraum müssen die anderen Abteilungen halt mal damit leben, dass die Website jetzt Vorrang hat.

Aus meiner Sicht gibt es drei große Nachteile des vollständigen Relaunchs:

Wir müssen länger mit schlechten Seiten leben

Monate, manchmal auch Jahre vor einem Relaunch schleicht sich der Satz “Das machen wir dann beim nächsten Relaunch!” ein. Inhalte werden nicht mehr Überarbeitet, Fehler nicht mehr angepackt. Lohnt sich ja eh nicht mehr für diese kurze Zeit. Wer die Innovationszyklen von großen wie kleinen Nonprofits kennt weiß aber, dass sich das über Jahre hinziehen kann. Wir haben zwar alle paar Jahre den großen Wurf, zum größten Teil ist unsere Website so aber nicht auf der Höhe der Zeit.

Verlinkungen gehen verloren

Für Verlinkungen und Suchmaschinen ist die Änderung der gesamten Website-Struktur so etwas wie der Super-GAU. Nichts ist mehr da wo es einmal war, alles ist durcheinander. Hat eine andere Website auf uns verlinkt, gilt diese Empfehlung jetzt nicht mehr oder für eine andere Unterseite. Obwohl Websites mit einem Relaunch in der Regel besser werden, ist es nicht ungewöhnlich wenn die Anzahl der Besucher erst einmal rückläufig ist.

Nach dem Relaunch geht es oft nicht weiter

Endlich ist er da, der Tag auf den alles seit einem Jahr hingearbeitet haben. Und klar, am Ende musste man Abstriche machen. “Das machen wir dann nach dem Relaunch!” Nur, nach dem Go Live kommt der Alltag und meist ist viel liegen geblieben. Zudem ist die Agentur nun bezahlt und nicht mehr begeistert alle paar Tage noch Kleinigkeiten anzupassen. “Wir wollten doch eigentlich noch…”, “Das machen wir dann beim nächsten Relaunch!”.

Jona Hölderle
Author Jona Hölderle

Meine Vision: Eine wachsende Zivilgesellschaft, welche auch im Digitalen aktiv ist! Dafür versetze ich Organisationen in die Lage, Menschen online zu erreichen, von ihrer Arbeit zu überzeugen und langfristig zu binden. Als Berater, Sparringspartner und in Workshops unterstütze ich beim Website Relaunch, im Online Fundraising, beim Testing und Social-Media-Strategien.

2 Comments

  1. Sebastian

    Danke Jona!
    Schön, dass du genau auf diese Punkte mal eingehst. Das kennt wahrscheinlich jeder, der mal einen Relaunch mitgemacht hat. Auch deiner großen These stimme ich zu. In einer optimalen Welt würde es keine Relaunches geben, weil Seiten ständig weiterentwickelt werden. Beispiel Amazon – haben die eigentlich jemals einen Relaunch gemacht?

    Aber während ich Punkt 1 und 3 uneingeschränkt zustimme, ist Punkt 2 einfach eine Sache, die man richtig gut mit nur wenigen Verlusten hinbekommen kann – man muss einfach nur viel Zeit investieren und jeden Link einzeln so sinnvoll wie möglich weiterleiten. Das ist unsexy, Fleissarbeit, technisch, hat viel mit Excel zu tun und fällt dauernd unter den Tisch – ist bei einem Relaunch aber eine der absolut obersten Prioritäten.
    Das machen selbst viele große Agenturen nicht, und so sehe ich leider viel zu häufig in meinen SEO-Tools, wie sich Websites über viele Jahre mühsam erarbeitete Rankings und Links komplett versauen, weil einfach keiner weiterleitet.

    Von außen betrachtet sieht eurer Relaunch aber richtig gut aus!
    Viele Grüße
    Sebastian

    • Jona Hölderle

      Moin moin, du hast natürlich absolut recht, auch wenn dies nur selten der Realität entspricht. Beim NABU haben wir letztes Jahr z.B. einen Relaunch mit mehreren tausend Seiten ohne SEO-Verlust gemacht :), dafür gab es dann aber auch 4-stellige Weiterleitungslisten. Hier auf sozialmarketing.de war es ja auch kein richtiger Relaunch, sondern nur ein neues Theme. Jetzt kommen nach und nach dann die inhaltliche Änderungen wie neue Kategorie-Seiten, mehr externe Beiträge, bessere Videounterstützung… Schöne Grüße Jona

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