Die Internetseite ist das digitale Aushängeschild einer jeden Organisation und Initiative. Es lohnt sich viel Zeit und Gedanken darauf zu verwenden, wie die Internetseite optimal gestaltet wird. Spätestens alle drei bis fünf Jahre sollte eine Relaunch stattfinden, der die aktuellen inhaltlichen und technischen Entwicklungen berücksichtigt.

Damit es mit dem Relaunch klappt, sind einige Vorbereitungen zu treffen. Die Ziele der betreffenden Internetseite müssen herausgearbeitet, Erfahrungswerte gesichert und analysiert werden sowie das Briefing für die Agentur erstellt werden. Am Besten ihr beachtet alle sieben Schritte!

Begriffsklärung

Umfangreiche Veränderungen einer Internetseite werden häufig als Relaunch bezeichnet. Im Grunde verdient es diese Bezeichnung aber nur, wenn tatsächlich grundlegende Veränderungen wie der Wechsel des Content-Management-Systems oder die Einführung einer neuen Informationsarchitektur stattfinden. Wenn lediglich das Design einer Internetseite (insbesondere Startseite) verändert werden, dann entspricht dies eher einem Redesign (im kleinen auch: Facelift). Ein Relaunch schließt in der Regel das Redesign ein.

1. Zielsetzung festlegen

Ich bitte Organisation immer mir ihre Zielsetzung zu nennen – die Mission. Wenn dabei keine Klarheit besteht, dann wird es auch schwierig zu benennen, welche Rolle die Internetseite beim Erreichen der Mission zukommt. Internetseiten sind kein Selbstzweck, sondern ein Instrument mit einer gewünschten Zielsetzung. Die gilt es zu benennen.
Die Mission gilt es herunterzubrechen auf konkrete primäre und sekundäre Zielsetzungen. Nicht alle Zielsetzungen können gleichermaßen effektiv bearbeitet werden, deshalb braucht es eine klare Rangfolge. Eine Internetseite, die auf Fundraisingziele ausgerichtet ist, wird völlig anders aussehen, andere Funktionalitäten und Inhalte bereitstellen, als eine Internetseite, die in erster Linie als Ausgangspunkt für Campaigning dient. Bei der Zielklärung hilft es mit Stakeholder-Maps zu arbeiten und Personas für die relevanten Zielgruppen zu konstruieren.

2. Nutzungsdaten auswerten

Anders als beim Launch einer völlig neuen Internetseite, kann beim Relaunch auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden. Webanalyse-Tools wie GoogleAnalytics und Matomo (ehemals Piwik) geben wichtige Hinweise beispielsweise zu den besonders häufig aufgerufenenen Inhalten, den Klickverläufen und der verwendeten Hardware der Nutzer. Diese sollten unbedingt analysiert und bei der Neukonzeption berücksichtigt werden.
Eine kleine, feine Schatztruhe (die häufig unterschätzt wird!) ist die Historie der Suchfunktion auf der eigenen Internetseite. Die Information darüber, was Besucher der Internetseite über die Navigation und Infoboxen nicht finden, kann sehr relevant für die Neuordnung der Informationsarchitektur sein.

3. Nutzer befragen

Eine weitere Informationsquelle über die (un)mittelbaren Bedürfnisse der Nutzer können mittels einer Nutzerbefragung ermittelt werden. Hierfür kann man beispielsweise die aktuellen Besucher (via Popup oder Layer) oder Ziellgruppen per gezielter Ansprache (via Email/Newsletter) gewinnen. Hierei sollten jedoch wirklich nur solche Fragen gestellt werden, die sich nicht eindeutig durch die vorherige Datenanalyse beantworten ließen.

4. Input von außen

Mitunter hat man mit Blick auf die eigene Internetseite blinde Flecken – das kennen wir alle. Aus diesem Grund kann es hilfreich sein sich Input von Außen einzuholen. Mehrmals habe ich für Organisationen, die ihren Relaunch vorbereiten, ein externes Audit vorgenommen. Eine externe Analyse der Internetseite und Online-Kommunikation kann beispielsweise eine konzeptionelle, inhaltliche, technische und gestalterische (Umfeld-)Analyse sowie Bewertung der Social Media Kommunikation umfassen. Nicht selten werden bei solchen Audits auch rechtliche Herausforderungen identifziert, wenn das ein oder andere Abmahnrisiko besteht.
Ebenfalls interessant ist der Vergleich zu den Mitbewerbern. Ein einfaches Benchmarking kann subjektiv vorgenommen werden, indem die Mitarbeiter bewerten, was ihnen an den Webseiten der Mitbewerber besonders gut gefällt. Spannender wird es, wenn darüber hinaus öffentliche beziehungsweise veröffentlichte Nutzungsdaten einen direkten Vergleich zulassen.

5. Informationsarchitektur entwickeln

Die Informationsarchitektur ist das Kernstück der Webseite: Wie sollen Informationen strukturiert und aufgebaut werden? Welche Themen sind direkt über die Navigation erreichbar? Antworten auf diese Frage können zunächst intern gesammelt werden, beispielsweise indem die beteiligten Mitarbeiter Navigation-Mindmaps erstellen und anschließend vergleichend diskutieren.
Ergänzend sollten Nutzergruppen befragt werden. Im Rahmen von kleinen Workshops werden die zunächst intern gesammelten Begriffe auf Karten (1. bis 3. Ebene der Navigation sowie einige leere Karten als Freifelder) bereitgestellt. Die Nutzer sollen diese nun in einer für sie angemessenen und logischen Weise sortieren. Dieser Ansatz des Card Sorting ist weit verbreitet und schafft mitunter erstaunliche Erkenntnisse!

6. User Stories entwickeln

Zur Verdeutlichung dessen, wofür die Webseite von Besuchern genutzt wird, sollten User Stories entwickelt werden. Im Rahmen eines kurzen Textes (8-10 Sätze) wird der Verlauf eines Besuchers und sein Verhalten beschrieben: Woher kommt der Nutzer? Welche Hardware wird verwendet? Welche Auswirkung hat das auf die Webseite? Welche Interessen verfolgen sie? Wie gelangen Sie zum Ziel ihres Interesses? Wie führt sie die Webseite dorthin?
Bei der Konstruktion solcher User Stories empfiehlt es sich auf die zuvor entwickelten Personas zurückzugreifen.

7. Briefing erstellen

Für die Feinkonzeption und die Umsetzung eines Relaunch wird in den meisten Fällen auf Agenturen zurückgegriffen. Das ist auch gut so, denn selten sind alle notwendigen Spezial-Fähigkeiten im eigenen Haus verfügbar. Hauptsache, dass Projektmanagement des Online-Projekts wird intern verantwortet.
Das Briefing für eine Agentur stellt den vorläufigen Abschluss der Vorbereitungsphase dar. Einige gute Tipps, welche Fragen und Inhalte ein gutes Briefing enthalten sollte, findet ihr zum Beispiel hier und dort.

Jörg Reschke
Author Jörg Reschke

Als Experte für Digitale Kommunikationsstrategien und Fundraising ist er bei der IT-Unternehmensberatung Capgemini als Business Analyst tätig und betreut im Schwerpunkt Nonprofit-Organisationen. Zuvor war er als Chief Marketing Officer bei Enscape (Real-Time Rendering und Virtual Reality für Architekten) bzw. als Chief goood Officer beim sozialen Mobilfunkanbieter goood tätig. Er gründete das Institut für Kommunikation in sozialen Medien und die Fachgruppe Digitales Fundraising im Deutschen Fundraising Verband.

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