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Die neue Dimension durch Online-Fundraising?

Im Fundraising entwickeln sich laufend neue Anwendungen, um auch online Spenden zu generieren. Jedoch: Auch wenn die technischen Möglichkeiten bereits vorhanden sind, gelten die Regeln des klassischen Fundraisings auch im virtuellen Raum: Vor der Spende steht der Aufbau von Vertrauen, Bindung und Involvement zur Organisation.

Vom “klassischen Fundraising” zum Online Fundraising

Der klassische Fundraiser steht vor der Herausforderung, bisher eingeübte Praktiken des Beziehungsaufbaus „Face to Face“ in den digitalen Raum zu übertragen. Dieser Transfer erfordert entsprechende Fähigkeiten, allein schon deswegen, weil sich eine Verschiebung vom persönlichen Kontakt zugunsten des Massenkontaktes ergibt.

Auch die Organisation ist gezwungen, einen Perspektivenwechsel vollziehen, weg vom bedarfsorientierten Fundraising, hin zum angebotsorientierten Fundraising. Das heißt, dass den Stakeholdern weitaus mehr Partizipation, Transparenz und ermöglicht werden muss, als „offline“, sonst wird Online Fundraising nicht erfolgreich sein.

Online Fundraising ist somit nicht die Anwendung von neuen Fundraising Instrumenten, sondern die Anwendung einer neuen Unternehmenskultur im gemeinnützigen Bereich.

Diese Unternehmenskultur fördert die Austausch- und Vernetzungsmöglichkeiten von Menschen, indem sie die entsprechenden Plattformen zur Verfügung stellt und moderiert. Die Erfüllung der Mission rückt damit wieder stärker in den Vordergrund. Die sozialen Netzwerke bieten dafür bessere Möglichkeiten, als je zuvor – gleichzeitig aber auch mehr Angriffsflächen, wenn die Botschaften nicht eindeutig formuliert, inhaltliche Positionen geschmäht und öffentlich in Frage gestellt und die Umsetzung der Mission nicht gewährleistet werden. Für das Fundraising ergibt sich durch das Agieren in internetgestützten Sozialen Netzwerken eine Vervielfachung der Interaktionen mit Interessengruppen.

Die neue Dimension Internet

Fraglich ist welchen Arbeitsschwerpunkt der Fundraiser der Zukunft legen muss. Die neue Dimension Internet bedeutet eben nicht nur die Beherrschung und Anwendung komplexer Anwendungen und Instrumente (Online Fundraising), sondern vor allem Social Networking, um Involvement herzustellen. Meine These: Gelingt kein erfolgreiches Social Networking, gelingt auch kein erfolgreiches Online-Fundraising.

Das Fundraising der Zukunft sollte daher die technischen Aspekte des Online-Fundraising den Marketing-, SEO-, Webanalytik- und Softwarexperten überlassen, um mit voller Kraft Campaining betreiben zu können – offline und online.
Denn: Authentizität, Relevanz und Mission stehen vor der Spende. Wer besser könnte diese drei Aspekte verkörpern, als wir Fundraiser?

 

PS: Mit der oben angesprochenen Neuausrichtung des Fundraising stellt sich auch die Frage nach den Erfolgskriterien. Eine differenzierte Betrachtung des ROI als Return of Influence, wie sie Tom Wiederkehr bereits 2010 vorgenommen hat, ist hierfür ein interessanter Ansatzpunkt.

 

Michael Türk
Author Michael Türk

Michael Türk ist Non-Profit-Manager und Fundraising-Manager (FA). In Berlin ist er für Unternehmenskooperationen der Spendenaktionen Diakonie Katastrophenhilfe und Brot für die Welt zuständig. Für ihn sind Fundraising und Social Media eine ideale Kombination, um die Welt ein kleines Stück besser zu machen.

4 Comments

  1. Jörg Eisfeld-Reschke

    Eine Deiner Grundthesen ist, dass eine Verschiebung vom persönlichen Kontakt hin zum Massenkontakt geschieht. Dem möchte ich so nicht uneingeschränkt zustimmen.

    Auch im “klassischen Fundraising” gibt es bereits zahlreiche Instrumente zum Massenkontakt, allen voran das Mailing. Verglichen mit dem Print-Mailing können Werbe- und Kontaktformate in sozialen Medien durchaus eine kleinere Masse und eine individuellere Ansprache bedeuten. Aber geschenkt, das ist im Zweifelsfall eine Einzelfallbewertung.

    Du streichst völlig richtg heraus, dass die nahbarere Online-Kommunikation mitunter auch mehr Feedback, mehr Partizipation und definitiv eine andere Kommunikationskultur erfordert. Hier zeigt sich die Institutional Readiness für soziale Medien!

    Social Media und die neue Dimension Online im Fundraising bedeutet vor allem auch Organisationsentwicklung. Und ja, wer sollte das besser begreifen als Fundraiser, die eh schon um Akzeptanz und Unterstützung innerhalb ihrer Organisationen werben müssen?

    • Michael Türk
      Michael Türk Reply

      Danke Dir Jörg für Deine Replik. Mit “Massenkontakt” meine ich die Potentierung der Kontakte mit Spendern, bzw. mit den Followern einer NPO durch Social Media. Hier ergibt sich für den Fundraiser meiner Meinung nach eine neue Herausforderung, da es nicht nur darum geht, ein Spendergespräch zu führen, sondern permanent auf Kommentare zu reagieren und das Gespräch in den Sozialen Netzwerken aktiv zu führen und aufrecht zu erhalten. Das unterscheidet sich für mich sehr von dem klassischen Spenderbrief, der sehr “1.0” gehalten ist und nur recht selten zu direkten Reaktionen führt. Beim Spenderbrief ist die erwartete Reaktion oft “lediglich” die Spende…

  2. Katja Prescher

    Michael, danke für Deinen Beitrag. Welche sind für Dich die “bisher eingeübten Praktiken des Beziehungsaufbaus ‘Face to Face'”, die ich in den digitalen Raum übertragen kann?

  3. Michael Türk
    Michael Türk Reply

    Hi Katja, in der offline-Welt gibt es die Beziehungspyramide über den Erstkontakt hin Zur 1:1-Beziehung. Der Kontakt findet auf der direkten Beziehungsebene von Mensch zu Mensch statt (u.a. Veranstaltungen, Briefe, Telefonate). Wie aber kann sich die Beziehung im digitalen Raum intensivieren, so dass es zur online-Spende kommt? Hier sehe ich noch Herausforderungen, um z.B. den schlichten Facebook-Follower so zu involvieren, dass er zum Spender, zum Dauerspender, zum Großspender wird? Es geht also um den Beziehungsauf und -ausbau online und die damit verbundenen Herausforderungen. Was kann übertragen werden, was muß neu gedacht werden?

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