Diskussionen

Der Traum eines Online-Fundraisers (NPO-Blogparade)

Es ist der Traum eines jeden Online-Fundraisers: Sehr schnell kommen hunderte Follower auf Twitter und Tausende Fans auf Facebook zusammen. Ab dem ersten Tag werden sie zu Spendern, starten Anlassspenden-Aktionen zu ihrem Geburtstag und schreiben im Blog darüber, dass sie dieser gemeinnützigen Organisation ihr Vermögen hinterlasen werden.

Es wird ein Traum bleiben. Die Frage nach dem Wert eines Facebook-Fans, des Return-of-investment bezüglich aller Online-Aktivitäten und dem Weg vom Fan zum Spender beschäftigt viele Organisationen und Einrichtungen. Das Medium Internet unterscheidet sich klar von anderen Kommunikationsmedien wie Mailings, Plakate und Werbeanzeigen: Der Effekt ist sofort messbar. Anders als bei Postsendungen lässt sich das Öffnen einer Email, das Klicken auf einen Link und die Konversion zu Spenden in Echtzeit auslesen. Geht es um die Monetarisierung, wird diese Besonderheit zum Nachteil. Sind die Ergebnisse mittelfristig nicht zufriedenstellend, gerät die Nutzung sozialer Medien in Erklärungsnot

In der 18. Blogparade steht die Frage zur Diskussion, wie es “gelingen [kann], dass sich Freunde, Fans und Follower auszahlen?”:

Wie kann es gelingen? Gefragt sind Erfahrungen und Tipps ebenso wie Erfolgsrezepte und Lessons learned. Gleichgültig welche sozialen Medien und Werkzeuge verwendet werden – wie können diese Unterstützer für eine Organisation, eine Einrichtung oder Initiative erfahrbar Nutzen stiften? Die Wortwahl “auszahlen” schränkt zunächst auf Geld ein, also z.B. den Kauf eines Tickets für ein Museum oder Theater, eine Spende oder den Abschluss einer Fördermitgliedschaft. Gerne kann das Auszahlen aber auch weiter interpretiert werden.

In meinem Verständnis haben Organisationen und Initiativen stets ein Ziel, nicht nur einen Zweck. Sie haben eine Mission, die sie verfolgen und erreichen werden. Ihre Mission erreichen sie über mehr Ressourcen, um selbst Änderungen zu schaffen oder über Öffentlichkeit, um andere für ihre Ziele einzuspannen bzw. Änderungen herbeizuführen.

Auf beiden Ebenen können sich Freunde, Fans und Follower auszahlen. Ressourcen und Öffentlichkeit können von jedem Einzelnen direkt und indirekt im Rahmen der jeweiligen persönlichen Reichweite bereitgestellt werden. Meiner Einschätzung nach müssen dafür folgende Grundlagen gegeben sein:

  • Ein gemeinsames Ziel wird geteilt. Nicht Weg-Von-, sondern Hin-Zu-Ziele motivieren und inspirieren Menschen zu Unterstützung. Besteht eine gemeinsame Vision, so kann das gemeinsame Wirken dauerhaft bestehen und Loyalität aufgebaut werden.
  • Es braucht einen Grund die angebotenen Wege der Unterstützung und Bindung anzunehmen. Neben konkreten Anlässen kommen ebenso Rabatte oder Extras (Sonderinformationen, Mitmach-Möglichkeiten oder ähnliches) in Frage.
  • Soziale Signale werden ausgesendet. Menschen müssen die Möglichkeit haben ihre Unterstützung mindestens im Rahmen ihrer persönlichen Reichweite zu kommunizieren und als Reputationssignal verwenden zu können. Denkbar sind auch Nennungen und Auszeichnungen für besondere Formen der Unterstützung.
  • Barrieren gehören abgebaut. Die Ansprache im digitalen Raum kann mit niedrigschwelligen Angeboten und einem hohen Maß an persönlicher Ansprache sowie geschickter Zielgruppenauswahl geschehen. Es ist einfach und muss nur getan werden.

Diese Grundlagen begründen eine für beide Seiten attraktive Zusammenarbeit, beziehungsweise eine fairer Austausch von Leistung und Gegenleistung. Freunde, Fans und Follower auf der einen Seite und die Organisationen und Initiativen auf der anderen Seite. Hannes Jähnert glaubt zwar nicht an einen Return on Investment aus der Social Media Kommunikation, aber ich lade ihn und Sie alle dazu ein indirekte Anzeichen für einen zusätzlichen Nutzen zu sammeln:

  • Mit Unterstützern generierter Umsatz/generierte Öffentlichkeit
  • Von Unterstützern generierter Umsatz durch Empfehlungen
  • Ersparte Werbeaufwendungen durch Mundpropaganda der Unterstützer
  • Unterstützerbeiträge zu Bekanntheit und Image des Unternehmens
  • Direkte Rückmeldungen von Interessensgruppen (Stakeholder)
  • Herantragen von Erwartungen und Bitten, die sich später auszahlen
  • Zuwachs an Traffic und Links auf die eigenen Seite
  • Und die Opportunitätskosten, auf die obigen Punkte zu verzichten

Selbstverständlich bleibt die genaue Ausrichtung von Unterstützungsmaßnahmen stets vom Einzelfall abhängig – nicht anders als in der Offline-Kommunikation auch. Christian Henner-Fehr hat dazu angemerkt, dass es gerade Organisationen mit großer Reputation leichter fällt. Dem möchte hinzufügen, dass dies bei kleineren Organisationen zwar in geringerem Umfang, aber dennoch sehr erfolgreich gelingen kann, wenn in der Kommunikation eine hohe Bindung erreicht ist. Community-Management ist eine unterschätzte Aufgabe und Herausforderung in diesem Zusammenhang. Vorausgesetzt der Konflikt zwischen Marketing, Verkauf/Fundraising und Kommunikation kann zufriedenstellend gelöst werden.

Jörg Reschke
Author Jörg Reschke

Als Experte für Digitale Kommunikationsstrategien und Fundraising ist er bei der IT-Unternehmensberatung Capgemini als Business Analyst tätig und betreut im Schwerpunkt Nonprofit-Organisationen. Zuvor war er als Chief Marketing Officer bei Enscape (Real-Time Rendering und Virtual Reality für Architekten) bzw. als Chief goood Officer beim sozialen Mobilfunkanbieter goood tätig. Er gründete das Institut für Kommunikation in sozialen Medien und die Fachgruppe Digitales Fundraising im Deutschen Fundraising Verband.

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