Diskussionen

Nichts gegen einen Rant, aber…

In der vergangenen Zeit war digital einiges los in der deutschen Fundraising-Szene. Die Gemüter gingen aus Gründen rauf und runter. Grund genug für unseren Freund und Gastautor Andreas Berg, selber in die Tasten zu hauen. Los geht’s.

Nichts dagegen, wenn jemand mal ordentlich Luft ablässt, wie Maik Meid es hier letzte Woche getan. Das hat viele Diskussionsbeiträge in unterschiedlichen Blogs und in sozialen Medien ausgelöst und war deswegen sicher eine gute Sache.
Natürlich gibt es vieles, was man kritisieren kann und dies auch zu Recht. Ich staune immer wieder darüber, wie wenige Organisationen ein Dankkonzept haben oder eine gut durchdachte Erstspenderbegrüßung. Hier ist vieles Stückwerk und das hat nichts mit der Organisationskultur oder der Spendergeneration zu tun. Mir begegnen auch immer wieder Dienstleister, die Beziehungswärme dadurch erzeugen wollen, dass sie die Leute schnell genug über den Tisch ziehen. Und schließlich gibt es auch Organisationen, die Fundraising mit emotionaler Erpressung verwechseln.

Stop - Fundraising Debatte
Andreas Berg sagt Stop und bittet zur Debatte

Ich bin überzeugt, dass die Zukunft im Beziehungs-Fundraising liegt. Vor allem, weil die kommenden Spender-Generationen, von den Boomern über die Buster bis hin zu den Millennials ganz andere Einstellungen und Ansprüche gegenüber NGOs haben, als die Kriegsgeneration, aus der beim Großteil der NGOs noch die Spender kommen.

Das hat allerdings tief gehende Konsequenzen.

Die meisten Arten des Beziehungs-Fundraisings lassen sich nicht allein in Fundraising oder Öffentlichkeitsarbeit umsetzen. Sie verlangen eine Entwicklung der gesamten Organisation. Bei einigen Organisationen, z.B. bei den föderal organisierten ließe sich etwas wie Beziehungs-Fundraising oder Stewardship weder kurz-, noch mittelfristig umsetzen. Hier gibt es auch andere Ansätze und es muss sie auch geben ohne dass die Fundraiser dort es nötig haben, sich als reine Spendensammler bezeichnen zu lassen.

Viele Formen des Fundraisings lassen sich effizient, nachhaltig und mit Respekt vor dem Spender umsetzen. Gute Fundraiser schaffen es auch, reines Instrumentefundraising qualitativ hochwertig und erfolgreich umzusetzen.

Wo ich selber gestehen muss, die gute Laune zu verlieren, ist das zunehmende Dienstleister-Bashing.

Alles Gute kommt von den Organisationen, alles Schlechte wurde Fundraisern von Agenturen oder Dienstleistern aufgeschwatzt.

So oder ähnlich höre ich es immer öfter und mit immer größerer Selbstverständlichkeit. Natürlich gibt es Agenturen und Dienstleister, die produktorientierten Vertrieb haben und rein auf kurzfristigen Erfolg optimiert sind. Aber es gibt auch eine große Zahl, die anders agiert.

Mit 15 Jahren Beratungs- und Agenturerfahrung ist mir eines klar: Ein Teil der kurzfristigen Orientierung kommt aus den Organisationen selbst. Es wird schon von vorne herein so gebrieft, bzw. klargestellt, dass man nur bei entsprechendem Erfolg einer Maßnahme für einen Folgeauftrag in Frage kommt. Es darf dann auch Niemanden erstaunen, wenn man Maßnahmen und Konzepte angeboten bekommt, die auf kurzfristigen Erfolg getrimmt sind.

Einige Dienstleister haben, wie ich, das Glück aufgrund des eigenen Fachgebiets mit Organisationen an strategisch wichtigen Fragen arbeiten zu dürfen oder von einer der modernen und langfristig orientierten NGOs beauftragt zu werden. Viele aber müssen das anbieten und umsetzen, was nachgefragt wird, wenn sie wie die Organisationsfundraiser auch, von ihrer Arbeit leben wollen.
Die Kolleginnen und Kollegen sind teilweise schon über zehn Jahre oder länger und mit Herzblut dabei. Sie haben es nicht verdient ständig abqualifiziert zu werden. Da fehlt es mir oft an der differenzierten Wahrnehmung und schlicht am Respekt.

Was ich mir wünschen würde ist:

  • ein gegenseitiges Verständnis und Respekt für die unterschiedlichen Bedingungen und Strukturen unter, bzw. mit denen wir als Fundraiser arbeiten. Und das bei kleinen, großen, alten, jungen Organisationen, bei Agenturen, Dienstleistern, in Vollzeit, Teilzeit, ehrenamtlich, seit vielen Jahren, als Quereinsteiger oder wo und wie auch immer.
  • eine intensive Diskussion über die unterschiedlichen Fundraising-Ansätze und -Strategien. Hier wäre der Fundraising-Kongress ein idealer Ort sich auszutauschen. Leider ist das in den letzten Jahren zu kurz gekommen.
  • eine Neuausrichtung des Fundraising-Preises weg von den Innovationen und kurzfristigen Kampagnen hin zur Prämierung von langfristigen und nachhaltigen Ansätzen.

Lasst uns über Inhalte streiten und nicht über Begriffe. Fundraising kann man allgemein als das Sammeln von Geld oder anderen Ressourcen für einen guten Zweck definieren. Das kann man gut oder schlecht machen, kurzfristig oder langfristig, strategisch oder situativ. Aber jeder der es macht ist Fundraiser. Lasst uns mit jedem Fundraiser offen über seine Arbeit streiten, aber bitte erfindet keine neue Begriffe nur um bestimmte Gruppen von Fundraiser auszugrenzen.

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